aktuell, 13.05.2016
Illegale Autorennen kosten jedes unschuldige Menschenleben - und die Gerichte ziehen den Schwanz ein.
Wenn im späten Frühjahr die ersten frühsommerlichen und wärmenden Sonnenstrahlen die Menschen ins Freie locken, ist auch wieder die Hochsaison der Raser gekommen.
Ob auf dem Motorrad oder im Auto: Die Ausschüttung des Wohlfühlhormons Serotonin im Frühling führt bei einigen wohl gleichzeitig zu dem Verlangen, mit unschuldigen Menschenleben zu spielen. Häufig sind es jugendliche Raser, die ein Kräftemessen veranstalten wollen. Junge Männer, deren Horizont in vielen Fällen nicht über das Armaturenbrett hinaus zu reichen scheint und die in ihrem Leben abseits der Straße nicht viel Bestätigung und Akzeptanz erfahren haben.
Illegale Innenstadtrennen sind voll im Trend. Diverse Beispiele der vergangenen Monate, etwa aus Köln oder Berlin, gibt es genug. Wer erwischt wird und keine Unbeteiligten in Mitleidenschaft gezogen hat, hat von Gesetzes wegen her nicht viel zu befürchten. Wer mit seinem Fahrzeug bei einem Straßenrennen eine unschuldige Radfahrerin tötet und sich im Anschluss um seine teuren Alufelgen sorgt, so passiert in Köln im Sommer letzten Jahres, ebenso wenig.
Die deutsche Kuscheljustiz belohnte im Kölner Fall die Fahrkünste der beiden Angeklagten, von denen nur einer Reue zeigte, mit einer niedrigen Bewährungsstrafe; und strafte somit gleichzeitig die eh schon erschütterten Angehörigen und Freunde der 19-jährigen Studentin. Das viel zu milde Urteil von zwei Jahren beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung ist Ansporn statt Abschreckung für all diejenigen, die gerne mal im Verbund kräftig aufs Gaspedal treten.
Menschenleben hin oder her: Die schlimmste Schmach für die beiden Kölner Raser ist sicherlich der Führerscheinentzug. Natürlich nicht lebenslang versteht sich, denn wir sind ja immerhin noch in Deutschland. Im Land, in dem bei illegalen Autorennen und „fahrlässigen Tötungen“ der Täter- vor dem Opferschutz zu stehen scheint, erhält man als Totraser seinen Lappen nach wenigen Jahren (in diesem Fall 3 1/2) und dem ein oder anderen Aufbauseminar „dankend zurück“.
Im Jahr 2015 starben jeden Monat über 300 Menschen auf deutschen Straßen. Natürlich steckt nicht hinter jedem Toten ein Opfer von Raserei; ein beachtlicher Anteil der jährlichen Verkehrstoten entsteht aber unweigerlich durch fahrlässiges Fahrverhalten und überhöhte Geschwindigkeit. Ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen zeigt dies deutlich auf: Zwischen Januar und Mai 2015 starben auf nordrhein-westfälischen Straßen 34 Motorradfahrer. Erschreckend war hier nicht nur die Verdopplung der Opferzahlen im Vergleich zum selben Zeitraums des Jahres 2014 sondern auch der Anteil der Opfer, die aufgrund überhöhter Geschwindigkeit starben (22).
Autos und Motorräder sind, egal ob hoch oder niedrig motorisiert, gefährliche Waffen, die vor unseren Gerichten nicht als solche wahrgenommen werden. Waffen, die weitaus mehr Opfer fordern und fordern werden, als die hierzulande so gefürchteten Terroranschläge.
Nur ein hartes und erbarmungsloses Durchgreifen der Gerichte, eine Verschärfung der Gesetze und präventive Maßnahmen, etwa flächendeckende Aufklärungsarbeit, wird die Zahlen unbeteiligter Raseropfer auf Dauer senken können.
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